Wednesday, March 02, 2016

Loïc Dauvillier und Glen Chapron - Das Attentat

Das Attentat von Loïc Dauvillier und illustriert von Glen Chapron ist eine Adaption des gleichnamigen Romans von Yasmina Khadra. Hinter diesem Pseudonym verbirgt sich der algerische Autor Mohammed Moulessehoul, der diesen weiblichen Namen wählte, um in seinem Land nicht unter die Zensur zu fallen. Seine Bücher wurden mehrfach ausgezeichnet. Er bemüht sich um gegenseitiges Verständnis in den religiösen und politischen Konflikten zwischen der westlichen und der arabischen Welt.

Der Inhalt von Das Attentat ist schnell erzählt: Der Protagonist Amin Jaafari lebt in Tel Aviv und arbeitet als Chirurg. Nachdem er eine Nacht lang die Opfer eines Selbstmordattentat operiert hat, kommt er nach Hause und erhält kurz darauf die Nachricht, dass seine Frau nicht nur bei dem Attentat ums Leben gekommen, sondern dass sie die Attentäterin sei! Er kann dies nicht begreifen, da er keine Anzeichen ihres Fanatismus bemerkt hat. Er begibt sich auf die Suche nach ihren Gründen und ihren Kontaktpersonen, um mehr zu erfahren. Dabei dringt er immer tiefer in die komplexen, gewaltbereiten Strukturen des palästinensichen Widerstands ein, begegnet aber auch dem ebenso rücksichtslosen Verhalten des israelischen Militärs. Er ist nicht bereit aufzugeben und sich abzufinden, ist aber gleichzeitig dem Geschehen um ihn herum zunehmend ausgeliefert, weil er keinen Einfluss darauf nehmen kann. 

Der Roman von Khadra wird in der Graphic Novel auf 153 Bildseiten erzählt. Viele Dialoge scheinen direkt übernommen zu sein, die unterschiedlichen Settings in Tel Aviv, Bethlehem und den Dörfern ringsum werden zeichnerisch detailreich und atmosphärisch sehr gut umgesetzt. Manches kommt einem schrecklich bekannt vor von Nachrichtenbildern im Fernsehen. 
Die Situationen, in denen sich der Protagonist wiederfindet sind bedrohlich, erschreckend und spiegeln die Gewalt so deutlich wieder, dass ich zwischendurch das Buch weggelegt habe. Es ist eine emotional angreifende Geschichte, die verdeutlicht, wie vielschichtig, wie emotional und wie verwirrend der Konflikt in der Region ist. Besonders gefallen hat mir, dass viele verschiedene Perspektiven aufgezeigt werden, die Fehler auf beiden Seiten, aber auch ansatzweise die Beweggründe und Zusammenhänge. Durch die Neutralität des Protagonisten, der wie der Leser unfreiwillig in diese Spirale von Ereignissen gerät, ist man nicht gezwungen, Position zu beziehen, sondern erfährt mehr über die innere Dynamik des Konflikts. Empfehlenswert.

Loïc Dauvillier and Glen Chapron, Das Attentat. Carlsen, Hamburg 2013.

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